Dekubitus bei Querschnittslähmung: Individuelles Stuhlmanagement Teil der Wundversorgung
22.10.24
In einem Interview mit Sebastian Bergmann als Experte für Intensivpflege am Schweizer Paraplegiker-Zentrum (SPZ) in Nottwil erklärt der Fachberater Kontinenz, dass Querschnittsgelähmte und Personen mit ähnlichen Erkrankungen und Dekubitus-Problematik Rehabilitationsmaßnahmen und Hilfsmittel benötigten, die das Stuhlmanagement erleichtern würden.
ParaplegikerInnen und Menschen mit querschnittsähnlichen Krankheitsbildern spüren in vielen Fällen wenig und haben dadurch das Problem, einen Dekubitus zu bekommen. Hautdefekte treten dabei am häufigstem im sakralen Bereich, also in der Kreuzbein-Region auf, und können sich demnach auch mit Keimen infizieren.70 Prozent aller Betroffenen erleiden danach einmal im Leben einen Dekubitus (Wundliegegeschwür). Zu der Primärkomplikation kommen Sekundärprobleme hinzu, wie zum Beispiel Immobilisierung und Verlust der Muskelmasse sowie schwere Infektionen.

Das Stuhlmanagement ist wichtig
Deshalb ist das Stuhlmanagement für Menschen, die sich wundgelegen oder -gesessen haben, auch besonders wichtig, erläutert der Experte der Spezialklinik in Luzern. Moderne Stuhldrainagesysteme sind in der Lage Wundkontaminationen nach Wundliegen zu vermeiden. Nach Dekubitus-Behandlungen sollte deshalb fast immer ein kontrolliertes Ableiten des Stuhls erfolgen, der bei Menschen mit Paraplegie von einer Konsistenz sein muss, dass keine Obstipation (Verstopfung) ausgelöst wird. Bei diesen Betroffenen ist nämlich die Darmperistaltik gestört, sodass der Stuhl zu fest ist. Der Kot muss demnach fließfähig gemacht werden.
Verschiedene Faktoren beeinflussen laut Expertenstandard die Konsistenz: Die Ernährung hat dabei maßgeblichen Einfluss auf die Darmaktivität sowie Bewegungsmobilisation bei PatientInnen. Zur Darmstimulation eignen sich auch Darm-Kolon-Massagen. Auf jeden Fall muss der Stuhl so verflüssigt werden, dass krampfartige Bauchschmerzen verhindert werden.
In Nottwil ist auch die Kontaminationsfreiheit bei der Stuhlableitung ein Thema. Hier stehen den BehandlerInnen zwei Generationen von modernen Stuhlableitungssystemen zur Verfügung, die aber nicht gleich gut sind:
Ein-Ballon-Systeme der ersten Generation sind nicht optimal. Die Systeme der zweiten Generation werden bevorzugt verwendet, weil sie den Stuhl ideal modellieren können und Komplikationen, wie Inkontinenz und Wundkontamination, vermeiden.
Die Wahl des richtigen Produktes hängt jedoch immer davon ab, welches Krankheitsbild vorliegt und wie engmaschig Patientinnen überwacht werden müssen, damit sich der Stuhl ausreichend verflüssigt und weich wird.